Wir sagen Ihnen, worauf es beim Reifen wechseln ankommt, wo man Reifen wechseln lassen kann und wie Reifen selbst wechseln funktioniert.
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29.3.23
Zweimal im Jahr steht der planmäßige Reifenwechsel an. Dennoch scheinen viele Fahrer*innen immer wieder überrascht, wenn er fällig ist. Wer sicher unterwegs sein möchte, sollte immer zum richtigen Zeitpunkt den Tausch auf Sommer- oder Winterräder einplanen.
Eine klassische Faustregel besagt, dass Reifen von O bis O gefahren werden sollten. Die Os stehen für “Oktober” und “Ostern”. Demnach sollte zu Ostern von Winter- auf Sommerreifen, im Oktober von Sommer- auf Winterreifen gewechselt werden.
Natürlich lässt sich diese Faustregel nicht generalisieren, da Wintereinbruch und Temperaturanstiege jedes Jahr unterschiedlich ausfallen. Generell gilt, dass Winterreifen unter sieben Grad und Sommerreifen über sieben Grad besser auf dem Asphalt haften. Ein Blick auf das Wetter hilft also bei der Entscheidung, ab wann Sommerreifen oder Winterreifen gefahren werden sollten. Alle wichtigen Informationen zu den unterschiedlichen Reifentypen finden Sie in unserem Autoreifen Ratgeber.
Wer Zeit oder Geld sparen möchte, ist unter Umständen versucht, Reifen nach dem eigentlichen Wechselzeitpunkt weiter zu nutzen. Eine ganzjährige Nutzung des gleichen Reifensatzes kann allerdings das Brems- und Lenkverhalten des Fahrzeugs beeinträchtigen und daher gefährlich sein. In Deutschland ist es sogar verboten, bei winterlichen Bedingungen auf Sommerreifen zu fahren. Diese bieten bei Kälte und Schnee durch eine geringere Profiltiefe und eine härtere Gummimischung deutlich weniger Haftung als Winterreifen.
Für Winterreifen im Sommer gibt es prinzipiell kein Verbot – allerdings ist das Autofahren auch hier mit Risiken verbunden. Ein Test des ADAC hat gezeigt, dass vor allem neue Winterreifen mit großer Profiltiefe deutlich schlechtere Brems- und Handlingeigenschaften aufweisen. Der größte Bremsunterschied zum Sommerreifen bei einer Bremsung von 100 km/h lag bei ganzen 16 Metern.
Abgenutzte Winterreifen fahren im Sommer durch geringere Profiltiefe zwar besser – auch diese sind gegenüber Sommerreifen jedoch im Nachteil. Der Unterschied beim Bremsweg betrug selbst im besten Fall noch fünf Meter. Vor allem bei warmen Temperaturen sind Sommerreifen daher die sicherste Wahl.
Zusätzlich nutzen sich Winterreifen bei warmen Temperaturen deutlich stärker ab als im Winter. Geld, das durch einen nicht durchgeführten Reifenwechsel eventuell gespart wurde, muss also unter Umständen später für neue Winterreifen ausgegeben werden. Wer daher sicher unterwegs sein und die Lebensdauer der eigenen Reifen maximieren möchte, sollte rechtzeitig die Reifen wechseln.
Eine weitere Möglichkeit ist die Nutzung von Allwetterreifen, auch Ganzjahresreifen genannt. Diese können das ganze Jahr über gefahren werden, wenn sie die neu eingeführten Voraussetzungen für das M+S oder das Alpine-Symbol erfüllen.
Ganzjahresreifen bieten einen Kompromiss aus Sommer- und Winterreifen. Sie bieten kleine Lamellen zur besseren Verzahnung mit der Oberfläche, die bei Winterreifen zu finden sind. Außerdem enthält ihr Profil ähnlich wie bei Sommerreifen breite Längsrillen, um bei Nässe viel Wasser aufnehmen zu können. Die Gummimischung bei Ganzjahresreifen ist darauf ausgelegt, Temperaturen zwischen minus 30 und plus 40 Grad zu überstehen.
Ein Test des ADAC zeigte allerdings, dass die Allwetterreifen bei den entsprechenden Bedingungen nicht die Leistungen guter Sommer- oder Winterreifen bieten. Der Automobilclub empfiehlt die Nutzung daher nur für Fahrer*innen, die wenig sowie größtenteils innerstädtisch unterwegs sind. Ganzjahresreifen sollten zudem nur in gemäßigten Klimaregionen ohne extreme Temperaturunterschiede gefahren werden. Für eine Fahrt in den Skiurlaub oder einen Sommerurlaub im Süden seien sie ungeeignet.
Ganzjahresreifen nutzen zudem schneller ab als herkömmliche Sommer- oder Winterreifen. Daher müssen sie auch häufiger gewechselt werden, was zusätzliche Kosten verursacht.
In den meisten Werkstätten kostet ein einfacher Reifenwechsel für alle vier Reifen zwischen 20 und 40 Euro. Dies gilt für den Wechsel von Kompletträdern, also Reifen und Felge.
Ist nur ein Satz Felgen vorhanden, kommen zusätzlich 15 bis 25 Euro pro Reifen hinzu. Dies liegt daran, dass die Reifen mit einer Spezialmaschine von den Felgen ab- und wieder aufgezogen werden müssen. Der höhere Preis kommt auch durch zusätzliche Kosten für das Auswuchten zustande. Hierbei werden eventuelle Unwuchten in den Rädern festgestellt und durch die Befestigung kleiner Gewichte ausgeglichen. Beim Aufziehen neuer Reifen müssen demnach alle Räder neu ausgewuchtet werden, da sich die Gewichtsverteilung im Rad ändert. Durch ein Ungleichgewicht im Rad entstehen Vibrationen, die Fahrwerks- und Lenkungskomponenten beschädigen können. Daher ist es ratsam, die Räder am Fahrzeug regelmäßig in einem Fachbetrieb auswuchten zu lassen.
Seit dem 01. November 2014 ist für alle Neufahrzeuge ein Reifendruckkontrollsystem (RDKS) verpflichtend. Verfügt ein Auto über ein solches System, können beim Reifenwechsel in der Werkstatt zusätzliche Kosten entstehen.
Dies ist bei Fahrzeugen mit direktem RDKS der Fall. Bei diesem sind Sensoren am Ventil des Reifens angebracht. Diese messen den Luftdruck und speisen ihn in die Bordelektronik ein. Beim Wechseln der Reifen müssen diese Sensoren gewartet und häufig ausgetauscht werden, wofür Werkstätten zusätzliche Kosten veranschlagen. Meist liegen diese Zusatzkosten zwischen 7 und 12 Euro pro Reifen.
Bei Fahrzeugen mit einem indirekten RDKS werden die Sensoren für ABS und ESP genutzt. Diese messen die Rollgeschwindigkeit der Reifen. Verliert ein Reifen Luft, verringert sich sein Umfang, sodass sich die Rollgeschwindigkeit im Vergleich zu den anderen Reifen erhöht. Die Sensoren melden in diesem Fall einen Druckverlust an das Bordsystem. Da beim indirekten RDKS keine Sensoren gewartet oder getauscht werden müssen, fallen beim Reifen wechseln keine zusätzlichen Kosten an.
Woher weiß ich, ob mein Fahrzeug ein direktes oder indirektes RDKS hat?
Für die Unterscheidung zwischen direkten und indirekten Reifendruck-Kontrollsystemen gibt es keine einheitliche Kennzeichnung bei den Herstellern. Werden im Bordcomputer allerdings die genauen Reifendrücke angezeigt, handelt es sich um ein direktes RDKS. Auch wenn im Bordhandbuch Sensoren erwähnt werden, handelt es sich um ein direktes RDKS. Indirekte Systeme können den genauen Reifendruck nicht nachvollziehen, sie melden lediglich einen Druckverlust. Wird darauf hingewiesen, dass das RDKS nicht den genauen Reifendruck angibt, handelt es sich um ein indirektes System.
In den meisten Bundesländern gelten aktuell starke Ausgangsbeschränkungen und Geschäftsschließungen. Daher stellt sich die Frage, wo zur Zeit Reifen gewechselt werden können. Hier gibt es zunächst Entwarnung: Auto Werkstätten gehören zur Grundvoraussetzung für die individuelle Mobilität. Daher werden sie als systemrelevant eingestuft und dürfen weiterhin öffnen
Viele Betriebe haben allerdings dennoch vorübergehend geschlossen, arbeiten mit weniger Personal oder haben geänderte Geschäftszeiten. Grund hierfür ist in vielen Fällen der Schutz der Mitarbeiter*innen sowie eine sinkende Nachfrage. Daher bietet es sich an, rechtzeitig telefonisch einen Termin zu vereinbaren.
Wer nicht auf einen Termin in der Werkstatt warten oder Geld sparen möchte, kann Auto Reifen auch selbst wechseln. Hierzu wird ein wenig handwerkliches Geschick und das passende Werkzeug benötigt. Allerdings sind beim Reifen selbst wechseln auch einige Dinge zu beachten, damit das Fahrzeug anschließend sicher bewegt werden kann:
Folgende Werkzeuge und Hilfsmittel sollten Sie zur Hand haben, wenn Sie ihre Reifen selbst wechseln wollen:
Außerdem bietet sich ein Profiltiefenmesser an. Mit diesem können Sie nach der Demontage der Räder feststellen, ob diese auch in der nächsten Saison noch gefahren werden können. Andernfalls müssten in einer Werkstatt neue Reifen aufgezogen werden. Die Mindestprofiltiefe beträgt laut Gesetz 1,6 Millimeter. Der ADAC empfiehlt eine Profiltiefe von mindestens drei Millimetern für Sommerreifen und vier Millimetern für Winterreifen.
1. Hand- oder Parkbremse anziehen, ersten Gang einlegen bzw. Wählhebel auf P stellen
2. Radkappen abziehen (falls vorhanden)
3. Radschrauben um etwa eine Viertelumdrehung lösen
4. Im Bordbuch die korrekte Position für den Wagenheber herausfinden und diesen ansetzen
5. Fahrzeug auf Montagehöhe anheben
6. Radschrauben komplett lösen. Beim Lösen der letzten mit der freien Hand das Rad in Position halten, damit es nicht herunterfällt
7. Rad abnehmen
8. Radauflagefläche mit einer Stahlbürste reinigen und von Flugrost befreien
9. Bremsscheiben und Bremsbeläge kontrollieren
10. Neues Rad aufsetzen. Dabei die Räder von vorne nach hinten und umgekehrt tauschen. Das Rad, das in der Vorsaison vorne rechts saß, wird hinten rechts montiert und umgekehrt
11. Radschrauben mit dem Radkreuz handfest anschrauben
12. Das Auto ablassen, bis der Reifen gerade den Boden berührt
13. Im Bordbuch das richtige Drehmoment für die Radschrauben nachschlagen
14. Radschrauben mit dem Drehmomentschlüssel auf das benötigte Drehmoment anziehen. Hierbei immer zwei gegenüberliegende Schrauben nacheinander festziehen
15. Den demontierten Reifen mit Kreide markieren (“VR” für vorne rechts, “HL” für hinten links etc.)
16. Den Luftdruck der neu montierten Reifen an einer Tankstelle überprüfen. Der richtige Luftdruck steht meist im Tankdeckel oder in der Beifahrertür, in jedem Fall aber im Bordbuch
17. Nach 50 bis 100 km die Radschrauben nachziehen
Regelmäßiges Reifenwechseln ist nicht nur bei abgefahrenen Profilen wichtig. Auch die Termine für den Wechsel von Winter- auf Sommerreifen und umgekehrt sollten eingehalten werden. So ist im Straßenverkehr immer die bestmögliche Sicherheit für Fahrzeug und Fahrer*in gewährleistet.
In Werkstätten wird ein Wechsel schnell und fachkundig erledigt. Allerdings können bei Fahrzeugen mit Reifendruckkontrollsystemen, zu denen alle Neufahrzeuge seit November 2014 gehören, zusätzliche Kosten entstehen. In der aktuellen Corona-Krise kann es außerdem durch geschlossene oder eingeschränkt arbeitende Werkstattbetriebe zu Verzögerungen beim Reifenwechsel kommen.
Auch beim selbstständigen Wechseln der Reifen gibt es jedoch einiges zu beachten. Das passende Werkzeug sowie gewissenhaftes Vorgehen sind Voraussetzung für einen gelungenen Reifenwechsel.