Die Regierung möchte einen "Masterplan Ladeinfrastruktur" in Deutschland aufsetzen. Doch wie weit ist die Ladeinfrastruktur in Deutschland überhaupt?
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19.7.23
Die Diskussionen über den Klimaschutz gewinnen immer mehr an Präsenz in der Öffentlichkeit – zuletzt haben Protestaktionen wie “Fridays for Future” medial flächendeckend die Runde gemacht, doch Ziele für den Klimaschutz gibt es schon seit vielen Jahren. Die Bundesregierung hat 2016 ein Marktanreizprogramm für Elektromobilität beschlossen. Diese gilt aktuell als Schlüssel für die klimafreundliche Mobilität von morgen. Ziel dieses Programmes ist der Ausbau der Stromladeinfrastruktur, welche maßgeblich für den Verkauf von Elektrofahrzeugen und damit essentiell bei der Etablierung von Elektromobilität ist.
Bei einem Spitzentreffen im Kanzleramt am 04.11.2019 wird ein "Masterplan Ladeinfrastruktur" vorgestellt und diskutiert. Die Bundesregierung sieht eine dringliche Notwendigkeit darin, den Ausbau der Ladeinfrastruktur schneller voranzutreiben und zwar mit intensiver Beteiligung der Industrie und Wirtschaft. Diese soll unter Anderem mit ordnungsrechtlichen Maßnahmen und Auflagen vorangetrieben werden. "Der Aufbau von Ladeinfrastruktur muss langfristig Aufgabe der Wirtschaft sein", heißt es in dem Masterplan.
Dabei gibt es einiges zu beachten: Auf dem Markt gibt es verschiedene Ladevorrichtungen und nicht alle Varianten sind für alle elektrischen Fahrzeuge geeignet.
Derzeit wird grob zwischen vier Arten von Ladestationen differenziert:
Die Kosten für die jeweiligen Vorrichtungen variieren hierbei stark – so kommt man laut Deloitte allein bei den Investitionsausgaben auf ca. 25.000€ für einen Supercharger, während eine Normalladesäule im Schnitt nur 7.500€ kostet. Für das Geschäftsmodell eines Stromladeanbieters spielt die Art der Ladestation insofern eine wichtige Rolle, als dass sie die Dauer eines Ladezyklus bestimmt.
Während ein E-Auto (abhängig von der Batteriekapazität) rund 2 – 4 Stunden an einer herkömmlichen, öffentlichen Ladestation angeschlossen sein muss, um den Akku komplett zu laden, dauert der Vorgang mit dem 120 kW Supercharger im Schnitt nur 20 Minuten.
Die Bundesregierung ergreift daher aktuell Maßnahmen, um die Ladeinfrastruktur durch Förderungen im privaten Raum zu erleichtern. Denn für den Großteil der Elektroautos muss pro Zyklus eine längere Ladedauer eingeplant werden, wodurch sich vor allem Wohn- und Arbeitsstätte zum Laden eignen.
Ein anderer Punkt, den man bei der Anschaffung eines Elektroautos im Hinterkopf haben sollte, ist die jeweilige Reichweite – niemand will unerwartet stehen bleiben, weil die Batterie leer ist. Gerade bei langen Strecken ist die sie angesichts der Ladedauer ausschlaggebend. Während der Nissan Leaf ZE1 eine Reichweite von 270 km hat, kommt der Hyundai Kona bei optimalen Bedingungen bereits auf 449 km und eignet sich daher besser für längere Fahrten als der Leaf.
Verbrauchs- und Emissionswerte:
Nissan Leaf ZE1: Stromverbrauch (komb.): 19,4 kWh/km | CO2-Emissionen (komb.): 0 g/km | Energieeffizienzkl.: A+
Hyundai Kona 150 kW: Stromverbrauch (komb.): 14,7 kWh/km | CO2-Emissionen (komb.): 0 g/km | Energieeffizienzkl.: A+
Allgemein hat sich die Anzahl vorhandener Ladestationen von Anfang 2018 bis heute mehr als verdoppelt.
Schaut man sich allerdings die aktuellen Verkaufszahlen reiner Elektrofahrzeuge an, stellt man fest, dass diese noch nicht den ursprünglichen Prognosen und Zielen entsprechen. Eine Million Elektrofahrzeuge waren bis 2020 angestrebt. Um die internationalen Klimaziele erreichen zu können, wird bis 2030 eine Zahl von 7 bis 10 Millionen E-Fahrzeuge für notwendig befunden.
Nach ursprünglichen Schätzungen der Nationalen Plattform Elektromobilität sind allein für die eine Million E-Autos rund 70.000 öffentliche Ladesäulen notwendig – aktuell gibt es (laut Bundesnetzagentur) ca. 72.441 Normalladepunkte und 15.875 Schnellladepunkte. Das neue Ziel lautet nun, bis 2030 eine Million öffentliche Ladepunkte zu installieren.
Entscheidend für den Ausbau der Infrastruktur sowie für den Hochlauf der E-Mobilität ist, das Verbraucher*innen im Mittelpunkt aller Planungen stehen. Denn von Ihnen hängt ab, ob vorhandene Infrastrukturen zum Laden des E-Autos ausreichen und Anforderungen und Bedürfnisse befriedigt werden. Nur dann kann mit der Akzeptanz gegenüber der Elektromobilität gerechnet werden, welche Voraussetzung für den Erfolg der Verkehrswende ist.
Ein generelles Interesse seitens der Bevölkerung ist da: Eine repräsentative Umfrage des BDEW hat ergeben, dass sich bereits 29% der Befragten über e-Fahrzeuge informiert haben, jedoch erst bei 5% der Befragten die Anschaffung eines solchen schon in Planung ist.
Das liegt vor allem daran, dass der Anreiz für Investierende in Ladestationen aktuell noch nicht sehr hoch ist: Während Automobilhersteller auf den Ausbau der Ladeinfrastruktur warten, um das Angebot an E-Autos zu erweitern, warten viele potentielle Betreiber von Ladestationen zur Zeit noch den Hochlauf von E-Mobility ab, ehe sie investieren.
Ein wechselseitiges Problem also, das aktuell noch dazu führt, dass diese Technologie hierzulande etwas langsamer voranschreitet als erhofft. Hierbei muss man allerdings auch innerhalb Deutschlands differenzieren.
Bei einem genaueren Blick auf die bundesweite Ladekarte fällt auf, dass einige Regionen in puncto Ladeinfrastruktur schon ziemlich gut ausgebaut sind, während diese woanders eher rar gesät sind. So sind in Berlin allein 1.817 öffentliche Ladepunkte vorhanden.
Je mehr man sich aus Berlin-Mitte entfernt und in Richtung des ländlichen Bereiches bewegt, desto geringer ist auch die Chance, auf eine E-Ladestation zu stoßen. Das gilt im Grunde genommen für alle größeren Städte, wobei das Stromladenetz im Westen Deutschlands bisher generell etwas besser ausgebaut ist.
Eine zentrale Leitstelle soll Maßnahmen zum Ladeinfrastruktur Ausbau national beaufsichtigen und koordinieren. Dazu gehören konkrete Förderungen, sowie verbesserte gesetzliche Rahmenbedingungen. Die Bundesregierung plant Investitionen von mehr als drei Milliarden Euro in die Tank- und Ladeinfrastruktur für Autos und Lkws mit CO-2 freien Antrieben. Das bedeutet, dass nicht nur in Ladesäulen für E-Antriebe, sondern auch in Tankstellen für beispielsweise Erd- und Autogas Fahrzeuge oder Brennstoffzellen-Fahrzeuge investiert werden soll.
Jedes Jahr sollen zudem Millionen Euro öffentlicher Mittel für private Ladestationen bereitgestellt werden. Änderungen im Wohneigentumsrecht sollen den Bau solcher privaten Ladepunkte, beispielsweise in Tiefgaragen, ebenfalls erleichtern. Kundenparkplätze wie beispielsweise an Supermärkten wären so ebenfalls förderberechtigt.
Eine Versorgungsauflage soll die Installation und das Angebot von Ladepunkten an allen Tankstellen deutschlandweit regeln. Gesonderte Ladeinfrastruktur Angebote an Autobahn-Raststätten sollen ebenfalls diskutiert werden.
Im Rahmen des Masterplans Ladeinfrastruktur hat sich die Autoindustrie freiwillig verpflichtet, mindestens 15.000 Ladepunkte auf eigenen Betriebsgeländen und beim angeschlossenen Autohandel zu installieren. Obendrein wird angestrebt, 100.000 weitere Ladepunkte zu errichten.
Während das Stromladenetz in den meisten Großstädten schon gut ausgebaut ist, sind viele ländliche Gebiete noch nicht flächendeckend versorgt.
Die 2019 im "Masterplan Ladeinfrastruktur" beschlossenen Bestrebungen wurden seitdem stetig evaluiert. Um die gesetzten Klimaziele bis zum Jahr 2030 insbesondere vor dem Hintergrund des Koalitionsvertrags zu erreichen, wurde jedoch deutlich, dass weitere Anstrengungen notwendig werden. Aus diesem Grund verabschiedete die deutsche Bundesregierung 2022 den "Masterplan Ladeinfrastruktur II". Im Fokus dabei steht die Nutzerfreundlichkeit von E-Mobilität. Daher wurde ein Leitbild definiert, welches basierend auf drei Säulen ein effizienteres Ladeinfrastruktursystem schaffen soll:
Die genauen Maßnahmen entnehmen Sie der Veröffentlichung "Masterplan Ladeinfrastruktur II der Bundesregierung".
Alternative Antriebe werden früher oder später die uns bekannten Verbrennungsmotoren ersetzen müssen – zur Zeit scheint das Elektroauto eine der vielversprechendsten Alternativen zu sein. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur ist in den letzten Jahren weiterhin enorm vorangeschritten, allerdings gibt es vor allem auf regionaler Ebene Unterschiede: Während urbane Gebiete schon gut versorgt sind, fehlt es in ländlichen Regionen noch an Ladesäulen. In der Stadt ist man mit dem Elektroauto in der Regel bereits sehr gut unterwegs.
Wer auf dem Land lebt, sollte sich zur Zeit noch im Vorfeld informieren, ob und wo es in der Nähe öffentliche Ladestationen gibt.
Ein guter Kompromiss wäre in diesem Falle auch, zunächst auf ein Hybridfahrzeug zurückzugreifen, bis eine wirklich flächendeckende Versorgung mit Stromladestellen gewährleistet ist.
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